Die
Weichbirnen
Am Biertisch der Avantgarde
Hans
Hurch ist Leiter der „Viennale“. Leider ist er auch ein Bewunderer
von Straub & Huillet, die als Extremavantgardisten durch die Lande
ziehen. Und widmete dem Filmpaar eine Retrospektive. Im Interview
(Falter) meinte er, dass Straub&Huillet besser als Scorcese seien,
Wim Wenders „weich in der Birne“ und der jüngste Film von Rivette
schwach.
Am
18. Oktober zeigte man im Filmmuseum einen Film von Herrn Straub und
Frau Huillet, ein Gedicht von Hölderlin, das mit
einem Film so viel zu tun hatte wie eine Wüste mit Regengüssen.
Macht nichts, manche haben es gerne trocken. Der Kunst ihre Freiheit,
auch wenn sie ein Tarnkapperl auf hat.
Es folgte die
Selbstdemontage des Herrn Straub. Er zeigte sich als Populist der
Avantgarde. Das ist gut, das ist böse. Was Kunst ist, bestimme ich!
Eine
Podiumsdiskussion sollte es sein, es wurde der Monolog eines
altersstarren Mannes. Kritik wurde nicht geduldet.
„Ihr Dialekt ist aber
irgendwie anders - sie sind wohl nicht von hier?“ französelte Herr
Straub, als ein Deutscher eine inhaltliche Frage stellte. Da konnten
sich die Fans auf die Schenkel klopfen, so lustig war das, und ihr
Superstar brauchte nicht zu antworten.
„Fassbinder?
Seine Filme verachte ich!“ tönte der Meister.
Warum
eigentlich? Fassbinder hat anfangs auch nur eine Kamera aufgestellt,
drückte aufs Knöpfchen und ließ die SchauspielerInnen ins Bild
gehen und wieder raus. Fast wie bei Straub&Huillet. Allerdings hat
Fassbinder später andere Filme gedreht wie „Angst essen Seele auf“,
jenen berührenden Film über eine Liebe zwischen einer Weißen und
einem Schwarzen. Ist Erfolg der Grund für die Verachtung?
„Chabrol? Hat
keine guten Filme gemacht.“ Genau!
„Und Cohn-Bendit
haben meine Filme nicht gefallen.“ Klarer Fall von Sinnesverwirrung.
Als
eine Frau sagt, ihr komme das Ganze wie eine Altherrenrunde vor, die
der „guten, alten Zeit“ nachtrauert, während alles heute „beschissen“
sei, bekommt sie ein Witzchen zur Antwort und die Podiumsteilnehmer
schweigen ergriffen.
Überhaupt
ist viel Weihrauch im Raum, weil der Filmmessias erschienen ist. Hans
Hurch lauscht gebannt den Worten des Meisters. Irgendwann wird er sich
zu seinen Füßen legen und schnurren wie eine zufriedene Katze, die
Kitekat für ein Fünf-Hauben-Menü hält.
Der
Großteil des Publikums tut es ihm gleich und legt wortreich
Entschuldigungen dafür vor, weil nicht alle einen bestimmten Film von
John Ford gesehen haben.
„Viele von uns arbeiten
tagsüber“, wagt eine Frau Widerspruch. Unglaublich, diese
Spießigkeit! Wer kann arbeiten, wo DIESER Film zu sehen ist! John
Ford, fast so berühmt wie seine Großartigkeit, Herr Straub!
Auf
diesem Niveau geht es weiter, eine greise Brabbelrunde lobt sich in
den Filmhimmel, der ein grausiger Ort sein muss. Dann schon lieber in
die Hölle kommen, zu Fassbinder und Chabrol.
Ach
ja, Frau Straub, pardon, Frau Huillet war auch da. Sie durfte
soufflieren und die zahlreichen Fehler Ihro Majestät korrigieren,
aber sonst den Tiraden ihres Lebensgefährten lauschen. Hier wurde
eine Beziehung zelebriert, die gut in jene Zeit passte, als Hölderlin
seine Gedichte schrieb. Und so schließt sich harmonisch der Kreis von
Hölderlin zu Hölderlin, dazwischen Straub: Uje!
Meint Ihr/euer
Erich Ledersberger
Igls, 25. Oktober 2004
Lachen
macht Spaß!
Denken macht Spaß!
|