Volle Koffer voraus!
Schon
gehört? Günther Nenning, begnadeter Kolumnist der Kronen Zeitung,
packt seinen „Austrokoffer“. Nein, er wandert nicht aus. Im Koffer
soll die österreichische Literatur liegen, Text an Text wie die
Ölsardinen in der Büchse. Damit wird das Österreichische in der
Literatur gefördert. Was das ist, kann sich kaum jemand vorstellen
und den Austrokoffer kennt auch noch niemand, aber „alle lieben ihn“
bereits. So steht es auf der Koffer-Homepage, die aussieht, als wäre
sie vom Obmann eines Schrebergartenvereins eigenhändig produziert
worden.
Jedenfalls:
es geht ums Jubeljahr 2005! 50 Jahre Staatsvertrag, 60 Jahre, na ja,
Befreiung vom Faschismus. Oder doch Niederlage des 3. Reiches? Hier
teilen sich die Meinungen und daher ist das kein Thema, weil 2005 soll
gefeiert werden.
Die
Jubeldecke
Feste
feiern ist an sich schön. Fragt sich nur, was unter der Jubeldecke
alles verborgen wird: Jugendarbeitslosigkeit etwa, Pensionskürzungen,
schlechte Bildungspolitik und vieles mehr. Also jede Menge.
Um
das zu vergessen, muss ordentlich gejubelt werden. Da kann sogar die
„österreichische Literatur“ plötzlich interessant werden. Oder
„Österreichisches Deutsch“ in die Verfassung reklamiert werden.
Warum übrigens nicht auch ein „Tiroler Deutsch“? Und ein „Wiener
Deutsch“? Welcher Pitztaler versteht schon den Mundl? Eben.
Es
gibt viel zu tun! Es lebe der Regionspatriotismus, wir alle sind
Kärntner! Österreich zuerst! Oder doch Hintertupfing? Egal, wir alle
sind Patridioten und stolz auf unsere Triathletin aus Australien, weil
sie eine echte Österreicherin ist. Und vor allem Olympiasiegerin, was
sie automatisch zu einer österreichischen Tirolerin macht. Oder
Tiroler Österreicherin? Egal, sie bekam jedenfalls ein Schaf als
originelles Geschenk überreicht und weiß jetzt, was sie an ihrer
neuen Hoamat hat.
Was
dem Sportler sein Schaf, das ist den DichterInnen ihr Buch. Daher
spendiert die Regierung auch einen Koffer voller Bücher. Die
Literaten sind eh froh, wenn die Regierung ein Subventionskrümerl
ausscheidet und auf sie fallen lässt.
Wie?
Das wäre ein Loblied auf die Regierung, die mit Kunst und Kultur
sonst nix am Hut hat? Wer wird denn so kleinlich sein:
„Wenn man gute
Literatur unters Volk bringt, ist mir doch scheißegal, was das für
eine Regierung ist.“
Originalton Günther
Nenning im Standard. Wie hatte schon Leni Riefenstahl, die Regisseurin
des Nazi-Parteitages in Nürnberg gesagt?
„Ich habe immer nur
Kunst machen wollen.“
Wir
leben glücklicherweise nicht im Faschismus, aber die Ähnlichkeit der
Aussagen verblüfft doch.
„Ich versuche mich eben
anzupassen“, meint Günther Nenning. Kein Wunder, dass viele
Autorinnen und Autoren nicht in den Koffer wollen. Bei diesen
Kofferträgern!
Meint Ihr/euer
Erich Ledersberger
Igls, 27. September 2004
Lachen
macht Spaß!
Denken macht Spaß!
|