Das Leben wird immer freundlicher. Erinnern Sie
sich noch an die Zeiten, als bei Telefonaten mit Versicherungen,
Banken, Ämtern, Auskunftstellen minutenlang das Besetztzeichen
erklang?
Heute gibt es vom Donauwalzer über Mozarts „Kleine
Nachtmusik“ alles, was beruhigt und einschläfert. Nach einigen
Takten folgt die erotische Stimme von irgendeinem
Erika-Pluhar-Verschnitt und stöhnt alle 30 Sekunden, dass sie sich
über meinen Anruf freut. Alles zum Beinahe-Null-Tarif, und das
stundenlang!
Wenn ich dann dennoch im Call-Center lande, haucht
mir schon wieder jemand ins Ohr, wie sehr es ihn oder sie freut, mich
zu hören. Natürlich bekomme ich keine Antwort auf meine Frage, aber
was macht das schon. Hauptsache, man wünscht mir „noch einen
schönen Tag“. Sogar der Polizist sagte neulich, nachdem er mir das
Strafmandat ausgehändigt hatte: „Und noch einen schönen Tag.“
Nur ein Misanthrop wie mein Freund Sepp kann da
unfreundlich sein: „Mir graust schon vor dieser permanenten
Freundlichkeit. Die wollen alle bloß mein Geld.“
Mag sein, Hauptsache sie machen es nett. Dann bin
ich zufrieden.
Außerdem wird das Leben nicht nur immer
freundlicher, sondern auch komfortabler, sogar das Geschirrspülen.
Früher musste ich zum Beispiel mühsam die Öffnung des
Geschirrspülmittels eindrücken, heute habe ich eine „Komfort-Dosierklappe“.
Ich brauche bloß noch zu drücken und herauszuziehen.
Gut, das war früher auch nicht viel anders, aber
jetzt steht Schwarz auf Weiß „komfortabel“ drauf, also wird es
schon so sein.
In diesem Sinn, noch einen schönen Tag
ihr/euer
Erich Ledersberger
(der die nächsten vier Wochen Urlaub macht in
einem Ort, wo alle angeblich noch viel freundlicher sind als hier, was
ich mir gar nicht vorstellen kann)